Drei Impressionen des Jüdischen Museums – Audiodeskription

Erster Eindruck

Audiodatei: Erster Eindruck

„Auf keiner meiner vielen Reisen ist mir je auf einem Fleck der Erde ein so wunderlicher Bau begegnet, noch einer mit solchen Ecken, Kanten, Krümmungen und Vorsprüngen. Die Winkel waren so kühn ersonnen, dass, wer sie entwarf entweder kein Winkelmaß benutzt hatte – oder alle die Winkel, die im Büro eines Baumeisters umher stehen, hatten vor dieser Aufgabe den Mut verloren!“, schrieb vor mehr als 150 Jahren der italienische Dichter Ippolito Nievo über ein offenbar ganz außergewöhnliches Bauwerk seiner friaulischen Heimat. Und wenn man einmal von seiner etwas heiter bis drolligen Diktion absieht, so könnte er damit auch recht gut den ersten Eindruck beschrieben haben, den Daniel Libeskinds Bau des Jüdischen Museums in Berlin auf den erstaunten wie staunenden Besucher macht. Zwar wurde das Werk bei seiner Ausschreibung 1989 nur als „Erweiterungsbau“ zum barocken Kollegienhaus, in dem sich heute der Haupteingang befindet, deklariert, doch wer vom Jüdischen Museum in Berlin spricht, der meint Libeskinds Neubau, den der amerikanische Architekturhistoriker Holden Baxter Graham einmal eines der „mutigsten Gebäude der Welt“ nannte. Und „mutig“ hier sicher auch im Sinne einer bewussten ästhetischen Zumutung!

Wie von einem antiken Titan auf die Erde geschleudert liegt es da und schlängelt sich wie geborsten in unregelmäßiger Zick-Zack-Linie durch das Museumsgelände! Fassade und Gebäude können von keinem Punkt aus als Gesamtes gesehen werden, immer sind es nur Teile, die zwischen Grünanlagen und umgebender Bebauung sichtbar werden. Mal ragt es wie ein Keil hinter der Fassade des alten Kammergerichts hervor, an anderer Stelle schimmert ein Mittelstück durch Ast- und Laubwerk des umgebenden Gartens. Mal wirkt es in seiner materiellen Beschaffenheit und schroffen Form abweisend und bedrohlich wie ein Wehrturm oder ein Festungsabschnitt, an anderer Stelle gibt ihm die gebrochene Linienführung der Fassade etwas trümmerhaft Zerstörtes, man möchte fast sagen: etwas Verletztes! Ausgefallen, ungewöhnlich, zuweilen merkwürdig aber immer bemerkenswert sind die Mittel, mit denen Daniel Libeskind hier seine Ideen und Gedanken zur Geschichte der Juden in Deutschland rein architektonisch ausdrückt. In seiner ganzen desperaten Widerständigkeit gegen die Seh- und Konventionsmuster üblicher Museumsarchitektur, bedeutet das Gebäude dem Betrachter etwas Ungewisses, nicht rest- los Begreifbares und somit – etwa einer Skulptur gleich – nur in Annäherung Erfahrbares.

Museumsmontag oder Die Welt zu Gast

Vor ein paar Wochen hatte ich mich an einem feucht- schneegrieseligen Montagmorgen mit einem Kollegen vor dem Jüdischen Museum in Berlin verabredet. Ich war einige Zeit zu früh und lief zunächst vor dem Haupteingang des Museums in freudiger Erwartung auf und ab, um den heraneilenden Kollegen gleich zu sehen, oder auch von ihm gleich gesehen zu werden. Stärker werdender Schneefall und aufkommende Windböen ließen mich dann allerdings nicht nur an der Terminwahl zweifeln, sondern zwangen mich, meinen „Vorposten“ zu räumen und mich im Eingangsportal unterzustellen. Es war noch ein wenig früh für den regulären Museumsbetrieb, die Türen waren offenbar gerade erst geöffnet worden und sich begegnende Museumsmitarbeiter verrieten durch einen in jeweils ganz verschiedenen Stimmungslagen intonierten Morgengruß, dass ihr Arbeitstag gerade erst begann! Der Museumsführer neben mir trug einen wattierten Anorak über seinem blauen Museumsjackett und nur an seinem rotweißen Halstuch erkannte ich den ‚Funktionsträger‘. „Ich bin verabredet und warte hier nur auf einen Kollegen“, erklärte ich ihm mein unschlüssiges Verweilen im Vorraum, während bereits die ersten Besucher, Regenschirme schüttelnd, durch die Drehtür in die Kassenhalle verschwanden. „Gerne!“, sagte er in jenem Ton distinguierter Freundlichkeit, der, wie ich schon von vorherigen Besuchen wusste, ein Markenzeichen des Jüdischen Museums und seiner Mitarbeiter zu sein scheint…

10, 15, 20 Minuten verstrichen, in denen ich immer wieder umherschauend in das Schneetreiben hinaustrat. „S-Bahn Probleme“, dachte ich und zog mich jedesmal ein wenig ungeduldiger geworden wieder in den Vorraum zurück. Und bei jedem Mal war der Raum voller geworden. Offensichtlich hatte es eine ganze Reihe von Verabredungen und Verspätungen an diesem Montagmorgen gegeben. Die Besucher mussten bereits ein wenig zusammenzurücken und der typische Geruch feuchtklammer Garderobe begann sich allmählich auszubreiten. Und wann immer ein schon sehnlichst Erwarteter das Gebäude betrat, kam Bewegung auf, Menschen gingen aufeinander zu, Worte der Entschuldigung wechselten mit solchen der erleichterten Begrüßung. Auf der Baustelle von Babel mag es sich seinerzeit ähnlich angehört haben, denn das Gewirr der Stimmen stellte sich schnell auch als ein Gewirr der Sprachen heraus. Ich dachte noch verblüfft: man wird in Berlin wohl nicht so leicht einen weiteren Ort finden, an dem auf so engem Raum so viele Sprachen zusammenkommen. Allerdings hatte die polyglotte Sprachkulisse den Vorteil, dass nicht das geringste Gefühl von Indiskretion aufkam und ich mich ungeniert der Rolle des faszinierten Beobachters dieses kosmopolitischen Schauspiels überlassen konnte.

Da war die ältere Dame, die mit – wie ich vermutete – ihrem Enkel angereist war. Sie sprachen Spanisch miteinander, und ich glaubte das Wort ‚Argentina‘ aufzuschnappen, und während mein Blick die beiden immer wieder verstohlen streifte, beflügelten Menschen und Atmosphäre meine Phantasie, und ich dachte, dass es sich bei der alten Dame ja durchaus um eine Überlebende der Shoa handeln könnte, die mit ihrem Enkel nach Berlin gereist war, um ihm möglicherweise die Stätten ihrer frühen Kindheit und späteren Vertreibung zu zeigen! Oder die zwei älteren Herren, von denen einer eine Kippa auf dem grau gewordenen Kopf trug und der andere mich so sehr an meinen alten Mathematiklehrer erinnerte. Aus ihren mir zufliegenden Gesprächsfetzen meinte ich heraushören zu können, dass beide am Vortag in der Philharmonie gewesen waren und ganz offensichtliche Verehrer der deutschen Klassik. „Ein Jude, der Deutschland liebte“, schoss es mir durch den Kopf! Es ist dies der Titel einer Dokumentation über den Breslauer Gymnasiallehrer Willy Cohn, der Deutschland nie verlassen wollte, weil ihm seine Sprache, Literatur, Kultur und Geschichte Heimat und einzig denkbarer Lebensort waren, der, längst aus dem Staatsdienst entlassen, daran festhielt und unter den ersten deportierten Breslauer Juden mit Frau und Kindern 1941 in Litauen erschossen wurde…! Die gedehnten Laute anglo- amerikanischer Begrüßungsformeln holten mich in den Vorraum zurück! Studenten der Universität von Minnesota warteten hier noch auf einige Kommilitonen und den Beginn der angemeldeten Architekturführung. Eher zurückhaltend dagegen wirkte ein japanisches Ehepaar, das seinem Reise- und Sehenswürdigkeitenführer bis hierher gefolgt war, ohne noch recht zu wissen, worin denn nun die gepriesene Attraktion des Hauses bestehen sollte…..

Nach über einer Stunde verließ ich an einer Schulklasse aus Bielefeld mich vorbeizwängend das Museum. Mein Kollege war nicht erschienen, – wie sich später herausstellte, hatte ich mich im Tag geirrt – aber ich war keineswegs verärgert, ganz im Gegenteil: die Stunde im Vorraum an diesem Montagmorgen war ein Erlebnis, wie es in Berlin wohl nur das Jüdische Museum seinem Besucher bieten kann: Das Jüdische Museum als ein Ort gegenwärtiger Moderne und „verwehter Spuren“…!

Statistisches Nachspiel: Mit einer Besucherzahl von ca. 720.000 jährlich, zählt das Jüdische Museum zu den „Top Ten“ der Berliner Kulturadressen. Allerdings liegt sein Anteil an Besuchern aus dem Ausland mit etwa. 70 Prozent mit großem Abstand an der Spitze aller vergleichbaren Berliner Einrichtungen: ja – nicht einmal der Flughafen Tegel dürfte einen so hohen Anteil ausländischer Gäste, sprich Nutzer, aufweisen können, machen doch die Besucher aus dem Ausland auf ganz Berlin bezogenen „nur“ etwa 42 Prozent aus.

Statistiken seien die Orakel unserer Zeit, hat einmal der amerikanische Statistiker und Meinungsforscher Samuel T. Rothman gesagt. Alles käme darauf an, sie richtig zu lesen und zu interpretieren. Zur Erklärung dieses hohen Anteils ausländischer Besucher werden allgemein zwei Faktoren angeführt: zum einen die supranationalen Folgen und Konsequenzen der Geschichte des deutschen und europäischen Judentums im 20. Jahrhundert, zum anderen der sogenannte „Libeskind-Faktor“, also das große internationale Interesse am Jüdischen Museum als eines der bedeutendsten europäischen Architekturzeugnisse der Postmoderne. Aber ein Anteil von 70 Prozent Besuchern aus dem Ausland bedeutet zugleich, dass nur etwa 30 Prozent der Besucher aus Deutschland stammen; aus jenem Land, dessen Geschichte ohne Blick auf seine jüdische Bevölkerung niemals wird vollständig erzählt werden können. Da liegt die Interpretation nahe, dass die Geschichte der Juden in Deutschland in diesem Deutschland mehrheitlich noch immer eher als jüdische Geschichte und weniger als Teil der deutschen Geschichte begriffen wird. Ein Bewusstsein, oder besser Nicht-Bewusstsein, wie es auch der damalige Vorsitzende des Zentralrats der deutschen Juden, Ignatz Bubis bitter zu spüren bekam, als er in einer renommierten deutschen Fernsehsendung nach seinem (!), dem gerade in Deutschland weilenden israelischen Ministerpräsidenten, gefragt wurde! Zugegeben, das liegt schon einige Jahre zurück und bekanntlich entwickelt sich kaum etwas so langsam wie ein allgemeines Bewusstsein davon, dass die Geschichte der vermeintlich anderen vor allem auch unsere eigene Geschichte ist!

Museum unter Polizeischutz

Eine umfassende Beschreibung des Jüdischen Museums in Berlin sollte nicht unerwähnt lassen, dass es nicht nur eines der großen Attraktionen der Bundeshauptstadt ist, sondern auch eines der polizeilich „rund um die Uhr“ bewachten Objekte der Stadt, vergleichbar etwa den Regierungsgebäuden oder den diversen Botschaften. Jedem Besucher fallen sie sofort ins Auge: die patrouillierenden Polizeibeamten, ihr kleiner, einer Schildwache ähnlicher Unterstand und die erst im vergangenen Jahr neu aufgestellten auffälligen Betonpoller. Eine auf die Länge des Museumsgeländes geltende Geschwindigkeitsbegrenzung in der Lindenstraße erlaubt ein nur langsames Vorbeifahren und der Polizei so eine bessere Kontrolle des passierenden Verkehrs.

Am „eigenen Leibe“ erfährt der Besucher die sicherheitsrelevanten Einrichtungen des Hauses, wenn er durch die große gläserne Drehtür hinter dem stets offen stehenden Eingangsportal in die Kassen- und Garderobenhalle kommt. Eine Sicherheitsschleuse, wie man sie bis vor Jahren nur von Flughäfen kannte, muss jeder Besucher durchschreiten, nachdem er zuvor mitgeführte Schlüssel, Handys oder sonstige metallene Gegenstände, die vom Schleusendetektor mit einem schrillen Warnton erfasst werden würden, in einen Korb gelegt und dem Wachpersonal übergeben hat. Eventuell mitgebrachte Taschen oder Rucksäcke werden dabei auf ein „Förderband“ gelegt und durchleuchtet. Erst nach dieser – einem Ort der Kultur so wesensfremden – Prozedur, kann der Besucher zum Billettschalter und zu den Garderoben gelangen und sich erst dann in den Ausstellungsräumen „frei“ bewegen.

Und wenn man nach einigen Stunden intensiver Betrachtung der Geschichte der deutschen Juden diesen Ort wieder verlässt, vorbei an Polizeiposten und Sicherungspollern, dann kann man sich kaum des bedrückenden Gedankens erwehren: jüdisches Leben in Deutschland 2013!

Der Holocaust-Turm

Audiodatei: Der Holocaust Turm

Wie schon der „Garten des Exils“ kein Garten im herkömmlichen Sinne ist, so ist auch der unmittelbar daneben erbaute „Holocaust-Turm“ eher eine architektonische Assoziation: Äußerlich ist dieser Turm nicht mehr als ein viereckiger, fensterloser Hohlkörper aus tristem Schalbeton von 22 Metern Höhe mit einer Grundfläche von etwa 19 mal 11 mal 8 mal 5 Metern. Die außergewöhnlichen Grundmaße verleihen dem Bauwerk – auch darin dem benachbarten „Garten des Exils“ durchaus vergleichbar – etwas abstrakt Skulpturales, einen Bedeutungszusammenhang, der sich in der äußeren Bauform nicht zu erschöpfen scheint.

Die nahezu hermetische Geschlossenheit dieses Hohlkörpers wird an nur einer einzigen Stelle durchbrochen. Dort, wo die beiden längeren Grundseiten einen spitzen Keil bilden, befindet sich im oberen Drittel der Wand ein Mauerspalt, eine bloße Betonlücke, deren Funktion und Wirkung – jenseits aller geometrischen Ornamentik – dem Betrachter zunächst verborgen bleibt. In diesem Spalt, durch die Tiefe der Mauer für den äußeren Betrachter nicht erkennbar, befindet sich ein Fenster, welches die einzige Lichtquelle für den Innenraum des Turmes bildet und zugleich einziger äußerer Hinweis auf das „Innere“ des Gebäudes ist.

Durch seine innere Gestaltung nämlich gehört der Holocaust-Turm zu den eindrücklichsten Räumen des Jüdischen Museums. Hier erst, im Innern des Turmes, entfalten die beschriebenen Raummaße ihre wesentliche Wirkung. Nur durch die kleine Fensteröffnung im spitzesten Winkel am oberen Rand mit Außenlicht gespeist, liegt der Raum beständig in einer Art von dämmrigem „Dreivierteldunkel“ (denn durch „halbdunkel“ wäre er schon zu hell beschrieben) und lässt die Höhe des Raumes auf eine merkwürdig unkonkrete Weise bedrohlich erscheinen. Eine nicht näher zu beschreibende Bedrohlichkeit, der man sich aber kaum entziehen kann und die jedem Besucher eine erschreckende Ahnung von der Ohnmacht des Ausgeliefertseins vermittelt. Und die Museumsführer wissen denn auch von Menschen zu berichten, die einen Aufenthalt in diesem Raum nicht aushielten, geradezu panisch heraus stürmten und noch auf den Gängen lange um Fassung rangen.

Wer die Schlichtheit der hier aufgewendeten Mittel zu der Ungeheuerlichkeit ihrer Wirkung in eine inhaltliche Beziehung setzt, der könnte meinen, an diesem Ort sei eine architektonische Übersetzung für Hannah Ahrends Wort von der „Banalität des Bösen“ gefunden worden.

Der Garten des Exils

Audiodatei: Der Garten des Exils

Von der Lindenstraße aus gesehen, befinden sich vor dem Erweiterungsbau des Jüdischen Museums zwei weitere Bauwerke. Zum einen der „Holocaust-Turm“ und rechts davon, ein wenig nach hinten versetzt, der „Garten des Exils“! Sie beide sind als Erlebnisorte wesentlicher Bestandteil der Museumsführung.

Der vom Architekten so benannte „Garten des Exils“ ist natürlich kein Garten im herkömmlichen Sinne. Und doch ist diese Bezeichnung nicht willkürlich gewählt: zu einem „Garten“ macht ihn zu allererst schon einmal seine Begehbarkeit. Zum Zweiten ist seine Fläche planvoll gestaltet und zum Dritten spielen auch einige echte Grünpflanzen in ihm eine Rolle. Doch der Reihe nach: die Grundfläche des Gartens bildet ein ca. 25 mal 25 Meter großes Quadrat, das mit groben Basaltkopfsteinen gepflastert ist. Auf diesem Quadrat stehen in geometrisch regelmäßiger Anordnung 49 Betonquader, auch Stelen genannt. Eine jede solche Stele hat einen Umfang von etwa einem Meter fünfzig auf einen Meter fünfzig und eine Höhe von 6 Metern.

Die Zahl 49 ist dabei wohlüberlegt: 49 ist die in der Jüdischen Religion heilige Zahl 7 mit sich selbst multipliziert. Außerdem spielen 48 Stelen auf das Jahr 48 des 20. Jahrhunderts an, dem Gründungsjahr des Staates Israel, während die 49. Steele im Mittelpunkt des Gartens der Stadt Berlin gewidmet ist. Aus den Stelen wachsen Ölweiden nach oben heraus und bilden so eine pflanzliche Haube oder eine Art „Baum-Krone“ über dem ganzen Garten. Die verwendeten Ölweiden sind ein Ersatz für die ursprünglich einmal geplant gewesenen Olivenbäume. Olivenbäume und deren Zweige nämlich gelten im Judentum als Zeichen des Friedens und der Hoffnung. Weil aber das Berliner Klima keinen nachhaltigen Bewuchs mit Olivenbäumen zulässt, griff man hier auf die wesentlich robusteren Ölweiden zurück.

Die Anlage wird auf allen vier Seiten von jeweils einer Betonmauer begrenzt. Diese Mauern dienen auch als Sichtblenden und gestatten dem Besucher des Gartens keinen Blick auf die Umgebung. Damit wären eigentlich alle architektonischen Bestandteile des Gartens schon beschrieben, und doch fehlt noch etwas, was für den Erlebnisort entscheidend ist. Die gesamte Anlage ist in allen Ihren beschriebenen Bestandteilen um genau 12 Grad in eine Schräglage gekippt. Der dadurch erzielte Effekt für den Besucher ist ungeheuer! Es gibt keine gerade, lotrechte Linie mehr, an dem sich das Auge orientieren könnte, alles scheint aus den Fugen, alles schwankt auf dem ohnehin schwer begehbaren Pflaster und bringt den zwischen den Stelen umherirrenden Besucher geradezu ins Taumeln! Der Verlust von gewohntem Halt und Orientierung, wie ihn das Exil so vielen Menschen auf so schmerzliche Weise bereitete, wird hier für den Besucher in sinnlich körperlicher Erfahrbarkeit simuliert. Und damit bildet der „Garten des Exils“ zweifellos ein unverzichtbares Kernstück im Konzept des Jüdischen Museums Berlin.