Knoblauchhaus – Audiodeskription
Geschichte des Knoblauchhauses
Das Knoblauchhaus ist eines der vier Häuser im Nikolaiviertel die den Zweiten Weltkrieg fast unbeschadet überstanden haben. Es war 170 Jahre im Besitz der Familie bis es 1929 an die Stadt Berlin verkauft wurde. Seit 1989 ist das Knoblauchhaus als Museum öffentlich zugänglich. In seiner Dauerausstellung „Berliner Leben im Biedermeier“ zeigt das Knoblauchhaus in originalgetreu eingerichteten Räumen die Wohnkultur und das Lebensgefühl einer vergangenen Epoche. Der Ausstellungsbereich „Berliner Salon“ stellt die befreundeten Personen der Familie Knoblauch vor, zu denen so berühmte Menschen wie der Baumeister Karl Friedrich Schinkel und die Gelehrten Wilhelm und Alexander von Humboldt gehörten.
Der Erwerb des Berliner Bürgerrechts ermöglichte Johann Christian Knoblauch die Selbstständigkeit als Nadlermeister. Aufgestiegen zum Lieferanten des preußischen Heeres erwarb er mitten im Siebenjährigen Krieg 1759 das Grundstück gleich neben der Nikolaikirche in der Poststraße 23. Das alte Fachwerkhaus im vornehmen Nikolaiviertel in direkter Nachbarschaft der Häuser von Höflingen, Beamten und Händlern ließ Knoblauch abreißen und errichtete dort ein dreigeschossiges Gebäude mit einer leicht geschwungenen Vorderfront. Das neu erbaute Haus ist klassizistisch geprägt. Der leicht hervortretende Mittelteil und später hinzugefügte Rankenfries unterhalb des zweiten Obergeschosses mildert die bauliche Strenge der Hauptfassade zur Poststraße jedoch ab. Die hierdurch gewonnene luxuriöse Eleganz bekräftigt auch seine ambitionierten Pläne und den Willen zum gesellschaftlichen Aufstieg.
Die innere Struktur des Hauses ist auf die traditionelle Einheit von Wohnen und Arbeiten ausgerichtet. Während das Erdgeschoss geschäftlich genutzt wurde, dienten die oberen Räume dem Privatleben. Hier empfing man auch Gäste und traf sich mit Mitgliedern der weitverzweigten Familie.
Im Gebäudekern führt eine wendelartige Treppe zu den oberen Stockwerken. Die Zimmer sind hier hintereinander als Durchgangsräume angelegt, so dass es keine direkte Zurückgezogenheit gab. Dem heutigen Anspruch auf Privatsphäre würde das Haus nicht mehr genügen. Korridore zu den einzelnen Zimmern sind eine Erfindung der Schinkelzeit und noch nicht üblich. Die Öfen wurden vom Flur oder der Küche beheizt.
Als Oberhaupt und Ernährer der Familie festigte Johann Christian Knoblauch seine wirtschaftliche Position. Um 1780 wandte er sich dem von König Friedrich dem zweiten stark geförderten Textilgewerbe zu. Auch seine Kinder wurden in das Familienunternehmen eingebunden. Christian Ludwig, der älteste Sohn, erweiterte sein Wissen in französischen und schweizer Textilmamufakturen. Sein jüngerer Bruder Carl Friedrich lernte auf seiner mehrjährigen Wanderschaft durch Europa das Handwerk zur Herstellung von Seidenbändern. Die Tochter heiratete in die einflussreiche Seidenhändlerfamilie Keibel ein.
Die zugeschriebenen Rollen der damaligen Zeit für Frauen und Männer spiegelten sich erkennbar in ihrem Aufgabenbereich wieder. Die Frau des Hauses, Sophie Dorothea, wie auch alle späteren Knoblauch-Frauen, dominierte das familiäre Alltagsleben. Sie war für das Funktionieren des Haushalts, die Kindererziehung und das Wohlbefinden ihres Mannes verantwortlich. Für die Hausarbeit selbst gab es viele Bedienstete, die am Tag vor allem im Erdgeschoss tätig waren und nachts in den oberen Zimmern schliefen. Sie mussten die Haus- und Reinigungsarbeiten verrichten wie Wäsche waschen, Wasser vom Brunnen holen oder im Winter die 15 Öfen beheizen.
Als im Jahr 1790 Johann Christian Knoblauch starb ging das Knoblauchhaus in den Besitz des jüngeren Sohnes Carl Friedrich Knoblauch über. Auch dem neuen Familienoberhaupt blieb der wirtschaftliche Erfolg treu. Die Waren aus seiner Seidenbandmanufaktur am Mühlendamm, glatte und gemusterte Bänder nach der aktuellen französischen Mode, verkaufte er in dem Laden, der sich im Erdgeschoss des Hauses befand. Neben dem Geschäft mit der „Zierde für das schöne Geschlecht“ übernahm Carl Friedrich Knoblauch auch kommunale Aufgaben. Er war, wie auch viele Intellektuelle seiner Zeit, Anhänger Napoleons Völkerallianz und sah die Zukunft im Ideal einer freien Weltrepublik und einem vereinten Europa. Als Stadtverordneter war er mit der Unterbringung der aus dem verlorenen Russlandfeldzug zurückkehrenden Militäreinheiten betraut. Bei der Einquartierung und Verpflegung von Soldaten infizierte er sich 1813 mit Typhus und verstarb kurze Zeit später.
Sein älterer Sohn Carl Friedrich Wilhelm Knoblauch, bekannter unter dem Namen Carl Knoblauch, übernahm das Haus und das Seidenbandunternehmen. Im Jahr 1818 heiratete er seine Cousine Henriette Keibel, die Tochter des Seidenfabrikanten Carl Gottlieb Keibel. Aus der Ehe ging das vereinigte Familienunternehmen „Carl Knoblauch, vormals Keibel“ hervor.
Henriette starb im Alter von 23 Jahren an Typhus. Im Andenken an seine verstorbene Frau ließ Carl die gerade erst im Stil des Biedermeier eingerichteten Wohnräume unverändert. Die Einrichtung spiegelte das Bedürfnis des gehobenen Bürgertums nach vornehmer Zurückhaltung wieder. Eine betonte Sachlichkeit verband das Streben nach innerer Harmonie, Bildung und Erkenntnis als Voraussetzung für die eigene geistige und moralische Weiterentwicklung. Von der Wichtigkeit solcher Werte zeugt auch ein Eintrag in Carls Tagebuch von seinem Vater: „Von allen Besitztümern ist nur die Tugend unentreissbar“.
Das aufstrebende und wohlhabende Bürgertum war eine Kraftquelle für politische und kulturelle Entwicklungen. Die musische Beschäftigung mit Theater, Musik, Kunst und Literatur galt als ästhetisierender Weg in die bürgerliche Freiheit. So auch für Carl Knoblauch. Er engagierte sich in diversen Vereinen und Gesellschaften, wie dem Verein der Kunstfreunde oder der Humanitätsgesellschaft. Aber auch politisch war er sehr aktiv, unter anderem als Stadtrat beim Magistrat und Abgeordneter von Berlin.
Aus dem daraus folgenden Kontakten zu der geistigen und künstlerischen Elite Preußens entwickelte sich das Knoblauchhaus zu einem in jener Zeit typischen Berliner Salon. Zu den bekanntesten Hausgästen zählten neben Tieck, Schadow und Schleiermacher auch Schinkel und die Brüder Humboldt. Solch ein Raum schaffte Gelegenheit für einen Austausch über die Grenzen der jeweiligen spezifischen Interessen der Gäste und förderte einen übergeordneten Blickwinkel.
Eine besondere Freundschaft verband Carl Knoblauch mit Alexander von Humboldt. Und Carl als ein interessanter und interessierter Gesellschafter war bestimmt ein guter Gesprächspartner. Bei diesen Treffen wurde über die neuesten Ereignisse der Zeit debattiert und Humboldt wird vermutlich auch aufregende Geschichten seiner Forschungsreisen beigesteuert haben.
Carl Knoblauchs Bruder Eduard wohnte nicht mehr im Elternhaus, profitierte aber sicherlich von der Offenheit der Zusammenkünfte. Eduard Knoblauch war Architekt und Schüler von Schinkel. Ein Schwerpunkt in seiner Arbeit lag im Wohnungsbau, wo er neben ästhetischen Ansprüchen auch auf Licht- und Hygieneverhältnisse achtete. Sein Hauptwerk ist allerdings die Neue Synagoge in der Oranienburger Straße. Daneben widmete er sich auch seinem Elternhaus. Nach seinen Plänen wurde 1835 die Innenarchitektur und deren Ausstattung erneuert. Der zentrale Treppenaufgang im Gebäudekern wurde überarbeitet und eine neue Wendeltreppe eingezogen. Auch die Innenräume bekamen einen spätklassizistischen Anstrich und das Eingangsportal eine dekorative Umrahmung.
Nach dem zweiten Weltkrieg wurde das Knoblauchhaus zu einem Mietshaus mit einem Lokal in der unteren Etage umgewandelt. Das in den 1980er Jahren grundlegend sanierte Haus gehörte seit 1989 als Außenstelle zum Märkischen Museum. Heute ist das Museum Bestandteil der Stiftung Stadtmuseum Berlin.
Das Museum zeigt, wie mehrere Generationen der Familie Knoblauch den Charakter des Hauses individuell durch ihren persönlichen Anspruch und spezifischer Lebensart formten. Die Wohnräume im ersten Obergeschoss sind jeweils einem Mitglied der Familie Knoblauch gewidmet. Der Ausstellungsbereich „Berliner Salon“ spiegelt die Weltoffenheit seiner Bewohner wieder. Leider bietet das Museum keine spezielle Führung für blinde und sehbehinderte Besucher*innen an. Aber wenn Sie in Begleitung dem Knoblauchhaus einen Besuch abstatten, wird das Personal auf Ihre Anliegen nach Möglichkeit eingehen.
Audiodeskription
Das Knoblauchhaus ist sehr auffällig. Zum einen ist es ein doppeltes Eckhaus, das heißt, wir können es von drei Seiten aus – von vorn, von der Seite und von hinten – betrachten. Zum anderen ist es im Vergleich zu den anderen Häusern in seiner Nachbarschaft sehr hoch und sehr breit.
Unsere Audiodeskription beschreibt die vordere Fassade des Hauses. Sie ist etwa 30 Meter hoch und 20 Meter breit. Ihre Farbe ist Rosé. Sie hat drei Geschosse. Die Eingangstür befindet sich in der Mitte des Erdgeschosses. Links von der Eingangstür gibt es zwei Flügeltüren, rechts davon drei Fenster mit grünen Holzrahmen. Das erste und zweite Geschoss wird jeweils durch eine Reihe von sieben Fenstern markiert. Auffällig ist an verschiedenen Stellen der Fassade ein Streifen mit Schmuckornamenten aus Terrakotta, die die Formen von Blüten besitzen. Wir finden ihn zum Beispiel zwischen dem ersten und zweiten Geschoss, wo er sich über die gesamte Breite der Fassade zieht. Im Erdgeschoss führt eine zweistufige Steintreppe zur Eingangstür hinauf. Sie ist in sechs Kassetten gegliedert und aus dunkelbraun gestrichenem Holz. An ihren Seiten und an der Oberkante befindet sich der eingangs erwähnte Streifen mit Schmuckornamenten. In der oberen Hälfte der Eingangstür ist ein weißes Emailleschild mit der Hausnummer 23 und einem schwarzen Pfeil, der nach links zeigt, angebracht. Über der Tür steht das Wort Museum in Großbuchstaben. Der linke Teil der Fassade ist im Erdgeschoss in zwei Flügeltüren gegliedert, dazwischen ist ein Fenster. Diese beiden Türen sind schmaler als die Eingangstür und dunkelgrün. Bei der rechten Tür sind die Flügel geschlossen und mit zwei schwarzen waagerecht angebrachten Metallriegeln gesichert. Den oberen Bereich der linken Tür schmückt ein bunt gemaltes Bild, das eine Szene aus dem Berliner Volksleben des 18. Jahrhunderts darstellt. Wir erkennen Paare, die Arm in Arm spazieren gehen, ein spielendes Kind, einen Verkaufstisch und dazwischen kleine Tannenbäume. Ein Weihnachtsmarkt? Ein sehr schönes Detail gibt es noch ganz links an der Hausecke zu entdecken, dort hängt eine schwarze gusseiserne Laterne mit Glasfensterchen. Im Erdgeschoss rechts befindet sich anstelle der Steintreppe ein Metallgitter mit filigranen Bögen und Kreisen. Ein Metallschild in der Mitte des Gitters informiert über die Geschichte des Knoblauchhauses. Dieser Teil der Fassade besitzt keine Türen, sondern nur drei Fenster. Sie bestehen, wie alle Fenster des Gebäudes, aus acht einzelnen Fensterchen, die ebenfalls grün eingerahmt sind. Zu erwähnen ist unbedingt noch das schöne Mansarddach, obwohl es von unserer Position aus kaum zu sehen ist. Es ist etwa drei Meter hoch, seine Ziegel sind dunkelrot. Fast die gesamte Breite nehmen die fünf Mansardfenster ein.