Reiterstandbild Friedrichs des Zweiten – Audiodeskription
Einführung
Mitten auf dem Boulevard Unter den Linden sitzt auf einem knapp acht Meter hohen Sockel hoch zu Ross ein Reiter. Es ist Preußens König Friedrich der Zweite, bekannt auch unter dem Namen „Friedrich der Große“ und „Der Alte Fritz“. Er lebte von 1712 bis 1786 und war ein Mann mit vielen Gesichtern, der viele Kriege führte, prächtige Bauten wie Schloss Sanssouci errichten ließ, Freundschaften mit großen Männern seiner Zeit, so mit dem französischen Philosophen Voltaire, pflegte, Flöte spielte, die Kartoffel in Preußen einführte und sich trotzdem in Bescheidenheit übte. Auch für das Pferd gibt es ein reales Vorbild. Es handelt sich um Condé, einen Schimmelwallach, der sein Lieblingspferd war. Ein Denkmal zu seinen Ehren lehnte Friedrich der Große zu Lebzeiten ab, daher wurde das Reiterstandbild erst 1851 anlässlich des 111. Jahrestages seiner Thronbesteigung und 65 Jahre nach seinem Tod eingeweiht. Geschaffen hat es von 1842 bis 1851 der Bildhauer Christian Daniel Rauch. Heute ist es eines der bedeutendsten Werke der Berliner Bildhauerschule und gilt als Brückenschlag vom Klassizismus zum Realismus. Im Zweiten Weltkrieg erhielt das Reiterstandbild zum Schutz vor Luftangriffen eine gemauerte Hülle, so dass es den Krieg unbeschadet überstand. Es wurde auch in der Nachkriegszeit nicht wieder ausgepackt, sondern diente als Litfaßsäule für politische Plakate. 1949 beschloss die Regierung der DDR, dass der Alte Fritz umziehen müsse, weil er in Richtung Osten, also in Richtung Sowjetunion reiten würde. Ross und Reiter wurden daraufhin in Potsdam bei einer Baufirma versteckt. Viele Jahre später änderte die Führung des Landes ihre Bewertung der preußischen Geschichte und verfügte den erneuten Umzug. Frisch restauriert wurde das Reiterstandbild am 30. November 1980 rund sechs Meter östlich von seinem ursprünglichen Standort neu aufgestellt. Heute ist es ein Denkmal deutscher Geschichte und eine Touristenattraktion.
Audiodeskription
Das 14 Meter hohe Reiterstandbild erhebt sich auf dem Mittelstreifen der Straße Unter den Linden. Es wird von der Nordseite der Straße betrachtet. Zwischen Betrachter*in und Standbild verlaufen mehrere Spuren der Straße Unter den Linden, und zwar jene, die in Richtung Westen zum Brandenburger Tor führen.
Ross und Reiter stehen auf einem mehrstöckigen acht Meter hohen Postament aus Granit. Dieses baut sich aus vier aufeinander stehenden, sich nach oben hin verjüngenden Sockeln auf. Alle Sockel haben als Grundriss ein Rechteck mit angeschrägten Ecken. Der untere Sockel ist schlicht gestaltet, der zweite zeigt Inschriften, der dritte Statuen und der vierte Sockel Reliefbilder.
Beginnen wir mit der Figur Friedrichs des Zweiten auf dem obersten Sockel. Sie ist fünfeinhalb Meter groß und besteht aus patinierter, das heißt dunkler Bronze. Der Alte Fritz sitzt auf seinem Pferd Condé und reitet im ruhigen Schritt in Richtung Humboldtforum und Dom.
Auf dem Kopf trägt Friedrich einen sogenannten Dreispitz, einen dreieckigen Hut. Die Hutkrempe ist hochgeschlagen, die Spitze befindet sich über der Stirn. Die Perücke quillt an seinen Schläfen unter den beiden kürzeren Seiten des Dreispitzes hervor. Obwohl Friedrich der Zweite den Kopf ganz leicht nach vorne gebeugt hält, blicken seine Augen in die Ferne. Das Gesicht ist ernst, um den geschlossenen Mund hat er Falten, die Mundwinkel hängen herab. Von der Uniform Friedrichs ist wegen des breiten Umhangs, der über seine Schulter hängt, nur der Brustteil mit einer Konkarde, auch Ordensstern genannt, zu sehen. Zumindest ist zu erkennen, dass die Uniform, eine Uniform der Infanterie, ohne Verzierungen auskommt und auf ihre Funktionalität ausgerichtet ist. Den Umhang hat der König voluminös um den Hals drapiert. Er wirft viele Falten und ist wie die Uniform schmucklos gehalten. Erwähnenswert sind lediglich zwei kleine Troddeln, auch Posamente genannt, die den Umhang auf der Schulter zusammenhalten. Auffallend ist aber das naturgetreu gestaltete Hermelinfell, das der Reiter als zusätzlichen Überwurf im Rückenbereich über dem Umhang trägt, sowie die etwa dreißig Zentimeter breite Schärpe mit zwei großen Troddeln, die er um die Hüfte gebunden hat.
Die Zügel hält der Reiter locker in der linken Hand, die in einem einfach gehaltenen Handschuh steckt. Der Handschuh verbreitert sich ab dem Handgelenk zu einem Stulpen, der den Unterarm bedeckt. Von unserer Position aus nicht zu sehen, aber unbedingt erwähnenswert ist der für Friedrich typische Krückstock, der auf der anderen Seite des Pferdes mit einer Schlaufe an seinem rechten Handgelenk befestigt ist und bis zum Bauch des Pferdes reicht. Auch die Stiefel des Reiters haben voluminöse Stulpen. Diese gehen bis zu den Oberschenkeln. Die Füße werden von Steigbügeln gehalten. Auf den Schultern des Pferdes liegt eine mit einem Figurenrelief geschmückte Satteltasche. Diese ist mit Bändern am Hals des Tieres befestigt. Condé ist ein klassisch zu nennendes Pferd, weder zu kräftig noch zu schlank. Sein Maul ist halb offen. Drei Hufe stehen auf der Erde, der rechte vordere Huf ist zum nächsten Schritt angehoben. Unterhalb des Pferdekopfes hat der Bildhauer ein Relief mit vielen schmalen waagerechten Strichen modelliert. Er deutet damit die im disziplinierten Schritt angespannte Kopfhaltung des Tieres an. Zwei parallel von der Kehle zur Brust verlaufende Sehnen zeugen ebenso von dieser Anspannung wie eine weitere Sehne, die vom Ohr des Pferdes den Hals hinab bis zum Widerrist unterhalb der Satteltasche verläuft. Das Hinterteil des Pferdes wird vom schlanken und in eleganten Strähnen gebündelten Schweif dominiert. Dieser verjüngt sich von oben nach unten und endet in Höhe der Sprunggelenke der Hinterbeine. Ein weiteres Beispiel für die feine und realistische Darstellung des Pferdes sind die Adern, die wir deutlich an seinem Hals und auf seinem Hinterteil erkennen.
Die Haltung von Ross und Reiter ist bei diesem Standbild harmonisch aufeinander bezogen. Während der Kopf des Reiters sich ganz leicht in die linke Richtung wendet, neigt sich der Kopf des Rosses leicht zur rechten Seite, auch die offene Mähne weht in diese Richtung.
Kommen wir nun zu den vier Sockeln, auf denen der Reiter und sein Pferd stehen.
Auf dem obersten Sockel sind auf einem Fries acht Relieffelder mit Szenen aus dem Leben Friedrichs des Zweiten zu sehen. An den Ecken werden sie von je einer weiblichen Figur bewacht. Diese verkörpern allegorisch die Tugenden Stärke, Gerechtigkeit, Weisheit und Mäßigung.
Die Figur an der Nordoststecke, die Stärke, hält in ihrer rechten Hand einen großen Knüppel. Die Figur an der Südostecke, die Gerechtigkeit, trägt in ihrer linken Hand eine Tafel mit der Aufschrift Justitia und in ihrer rechten Hand ein Schwert. Die Figur an der Südwestecke, die Mäßigung, wird durch eine Kandare in ihrer rechten Hand symbolisiert. Die Figur an der Nordwestecke hält in beiden Händen je eine Schriftrolle, ein Zeichen für die Weisheit.
Diese vier Figuren sind genau über den Köpfen der vier Pferde postiert, welche die Ecken des darunter liegenden Sockels schmücken. Die Pferde tragen alle Reiter, welche Zeitgenossen von Friedrich dem Zweiten waren. Zeitgenossen waren auch die zirka vierzig lebensgetreu gestalteten Figuren, welche auf allen vier Seiten des Sockels teils im Relief, teils vollplastisch versammelt sind. Dabei handelt es sich nicht nur um Generäle und Staatsbeamte, sondern auch um Persönlichkeiten aus Kunst und Wissenschaft wie Immanuel Kant und Gotthold Ephraim Lessing.
Der Sockel darunter, der zweite Sockel von unten also, zeigt an den jeweiligen Seiten Widmungs- und Namens-Inschriften. Die Ecken sind geschmückt mit rundlich geschwungenen Aufsätzen, die den im Rokoko üblichen Muschelornamenten ähneln.
Der unterste Sockel mit einer Ausdehnung von sieben mal neun Metern besitzt keine Reliefs und Figuren und ist aus braunem Granit gefertigt.
Um das gesamte Monument herum zieht sich ein achteckiger Eisenzaun. Zwischen den breiteren Verbindungspfählen, die von einer Eichel gekrönt werden, befinden sich je zehn Zaunpfähle, deren Bekrönungen wie Speerspitzen aussehen.