Brandenburger Tor – Audiodeskription

Audiodatei: Brandenburger Tor

Um sich das von einem antiken griechischen Tempel inspirierte Tor grob vorstellen zu können, ist es hilfreich, zuerst einmal seine kindliche Fantasie spielen zu lassen. So stelle man sich sechs gleich hohe Bücher mit wenigen Zentimetern Abstand hochkant, aber auf ihren Längsseiten parallel nebeneinander. An jede Schmalseite der Bücher wird jeweils eine der Schmalseite entsprechend hohe Kerze gestellt, wozu man also insgesamt zwölf Kerzen benötigt. Nun nehme man ein weiteres etwas größeres Buch und lege es ungeöffnet als Deckplatte wie ein Dach von oben quer auf alle Bücher und Kerzen. Auf dieses obere Buch kommt nun noch ein liegendes Holzkreuz, das die Ränder des Buches nicht ganz erreicht. Für das flach oben aufliegende etwas größere Buch mit dem ebenfalls liegenden Holzkreuz, wirken die sechs auf ihren Längsseiten stehenden Bücher also wie Stützwände und die Kerzen übernehmen ebenfalls wie stürzende Säulen am äußeren Rand des aufliegenden oberen Buches eine stabilisierende Funktion. Direkt in die Mitte des Holzkreuzes wird nun noch ein Modell eines von einer Frau gefahrenen römischen Streitwagens gestellt, der wie eine längs halbierte Teetasse mit zwei Rädern anmutet und von vier Pferden gezogen wird. Die Höhe dieses Modells entspricht etwa einem Drittel der Höhe einer Kerze.

Da dieses Konstrukt nur eine verspielte Vorstellungshilfe ist, stellen wir uns besser direkt vor das echte Brandenburger Tor, auf den Pariser Platz, der sich im ehemaligen Ostteil Berlins befindet. Hier erheben sich direkt vor uns sechs mächtige runde Säulen, die in unserem Modell durch Kerzen verkörpert wurden. Diese Säulen sind jeweils 15 Meter hoch und stehen in einem Abstand von ca. vier Metern voneinander getrennt. Diese Säulen sind so massiv dick, das zwei erwachsene Personen nicht ausreichen würden um sie zu umgreifen. Doch wer sie umgreift tastet nicht etwa eine glatte Oberfläche, sondern eine nahezu wellenförmige, vertikal verlaufende, sich um die gesamte Säule ziehende Verzierung, welche grob an vertikale Wasserkanäle erinnert. Es sind etwa zwanzig, wenige Zentimeter tiefe Ausbuchtungen, die typisch sind für eine der klassischen Formen der griechischen Säule und Kannelierung genannt wird.

Das untere Ende, also die Basis jeder einzelnen Säule ist ebenfalls rund mit 1,75 Metern Durchmesser etwas breiter als die Säule selbst. Das obere Ende der Säule, das so genannte Kapitell ist deutlich flacher als die Basis und quadratisch geformt. Sehr auffällig wirken auch die Metallringe, die einen Durchmesser von etwa einem Meter haben, aber zur Hälfte im Betonboden der Straße eingegraben und von rechts sowie links gegen die Säulenbasis gekippt scheinen. Diese Ringe schützten die Säulen der einst davor durch unachtsame Kutschenfahrer beschädigt zu werden.

Abgesehen von diesem kalten Metall besteht das gesamte Tor aus Sandstein, was ein guter Wärmespeicher ist und sich somit auch zumeist warm anfühlt. Sandstein ist auch nicht glatt, sondern rau, geradezu körnig.

Hinter jeder der sechs Säulen befindet sich in einem Abstand von etwa einem Meter jeweils eine Stützwand. In dem oben beschriebenen Fantasiemodell sind es die sechs Bücher zwischen den Kerzen. Da sich diese Wände direkt hinter den Säulen befinden, sind sie nicht zu sehen, wenn man genau gerade vor dem Tor steht. Solch eine Stützwand ist ebenfalls 15 Meter hoch, aber nur ca. sechs Meter lang. Durch die sechs Säulen mit den dahinter liegenden Wänden, ergeben sich dazwischen fünf jeweils etwa vier Meter breite Durchgänge, wobei die mittlere der fünf Durchgänge sogar etwa fünf Meter breit ist. Die Länge eines Durchganges, also die Tiefe des Tores beträgt elf Meter, welche sich durch die vordere sowie hintere Säule, dem Abstand zur Stützwand und der etwa sechs Meter langen Stützwand selbst ergibt.

An jeder dieser sechs Wände befinden sich an den Innenseiten zwei nebeneinander liegende, etwa fünf Meter hohe, aber nur etwas mehr als einen Meter breite und zwanzig Zentimeter tiefe Einbuchtungen, im Stein, die beinahe wie „Türrahmen“ wirken. Über diesen „Türrahmen“ befinden sich in ca. zehn Meter Höhe Reliefdarstellungen, also sich vom Hintergrund abhebende Momentaufnahmen, die in diesem Fall Heldentaten des Herkules aufweisen.

Da sich die historisch gesehene Rückseite am Pariser Platz und die historisch gesehene Vorderseite am Platz des 18. März, des Brandenburger Tores mit den identischen Säulen gleicht, bedarf es hier keiner näheren Unterscheidung der beiden Seiten. Auf alle Säulen und Stützwänden ist eine etwa vier Meter hohe, etwa 30 Meter breite und sicherlich viele Tonen schwere Steinplatte aufgelegt, welche im anfänglich beschriebenen Fantasiemodell als aufliegendes Buch und somit als Deckplatte bezeichnet wurde. Dieses Buch teilen wir nun in drei Teile auf. Der vordere (im Modell obere) Buchdeckel wird Geison oder Kranzgesims genannt, der Buchblock, also der Bereich mit den Blättern wird hier nun als Fries und der hintere (auf den Säulen und den Stützwänden aufliegende) Buchdeckel als Architrav bezeichnet. Geison, Fries und Architrav, werden zusammengefasst als das Gebälk bezeichnet, da antike griechische Tempel ursprünglich aus Holz, also auch aus Holzbalken bestanden.

Auf der gesamten Länge des Fries sind genau sechzehn quadratische Reliefdarstellungen angebracht, die den kämpfenden Herkules und Zentauren, also mythologische halb Mensch, halb Pferd Wesen zeigen.

Auf dem Gebälk, steht ein einstöckiges, etwa zwei Meter hohes Gebäude, welches ebenfalls aus Sandstein besteht. Im Fantasiemodell war dies das liegende Holzkreuz auf dem oberen Buch. Besonderheiten dieses Sandsteingebäudes in Kreuzform sind die kaum bekannte in das Gebäude führende Tür an seiner nordwestlichen Seite und das große Relief an seiner östlichen, also hinteren Seite. Es handelt sich hierbei um eine Darstellung wie unter anderem die römischen Götter des Sieges, des Friedens, der Freundschaft, der Eintracht und er Tapferkeit, die Götter der Zwietracht und des Neids mittels eines Streitwagens bezwingen.

Es führen insgesamt vier Treppenaufgänge mit jeweils acht Stufen direkt auf beziehungsweise in die Mitte des Gebäudes in Kreuzform, wo sich die überlebensgroße etwa fünf Meter hohe Bronzestatue „ Die Quadriga“, also die Siegesgöttin Viktoria auf ihrem Streitwagen befindet. Mitsamt der Quadriga erreicht das Brandenburger Tor eine Gesamthöhe von sechsundzwanzig Metern.Sie ist eine schlanke Frau mit lockigem kurzem und mit einem Lorbeerkranz geschmücktem Haar, die eine einfach römische Toga trägt. Nur die Flügel auf ihrem Rücken erinnern an ihren göttlichen Status. Sie hält die rechte Hand in Augenhöhe und hält in ihr eine Standarte, welche vom Reichsadler und dem von einem weiteren Lorbeerkranz umrahmten Militärabzeichen des eisernen Kreuzes gekrönt wird. Mit der linken Hand werden Zügel geführt, mit denen sie die vier Pferde steuert, die den römischen Streitwagen ziehen, auf dem die Viktoria steht. Der Name Quadriga bedeutet übersetzt Viergespann.
Die Viktoria lenkt ihren Wagen gen Osten, also auf den Pariser Platz zu.

Zur hiermit abgeschlossenen Beschreibung des Brandenburger Tores, müssen nun noch zwei wichtige Statuen und die Torhäuser an seiner Nord- sowie Südseite Erwähnung finden. Die römische Göttin der Weisheit, Künste und Wissenschaft Minerva, welche in einer Höhe von fast zwei Metern in einer Nische an der Außenseite der nördlichsten Stützwand des Tores auf einem Thron sitzt. Durch ihre erhöhte Position ist es Besuchern leider lediglich möglich ihre Füße zu betasten. Sowohl diese mit langem Gewand, römischem Soldatenhelm und Lanze bewaffnete Göttin, sowie der in ähnlicher Position, allerdings gegenüber auf der Südseite des Brandenburger Tores sitzende und mit einem Schwert bewaffnete Gott des Krieges Mars, unterlegen die Vieldeutigkeit des Brandenburger Tores.

Die beiden Torhäuser befinden sich beidseits des Tores, sind jeweils nur etwa zwölf Meter Hoch, mit einem spitz zulaufenden grünen Dach, einem so genannten Satteldach bedeckt, aber unverziert. Sehr markant sind jedoch die siebenundzwanzig glatten Säulen mit den jedes der beiden Gebäude umrahmt ist. Diese Säulen sind deutlich schmaler als die des eigentlichen Tores und weisen auch keine Kannelierung auf. Das südliche Torhaus beinhaltet eine Touristeninformation und das nördliche einen zum Innehalten konzipierten „Raum der Stille“. Einstmals wurden diese Gebäude als Wach- und Zollhäuser genutzt. Werden die Torhäuser dazu gerechnet, beträgt die Gesamtbreite des Brandenburger Tores 65 Meter.